Tuesday 19 May 2009

Der längste Crosslauf Europas

Nach der Melodie des Schneewalzers schunkelnt, stehe ich in Neuhaus, im Herzen des Thüringer Waldes, auf der großen Wiese am Apelberg (820 m NN) , denn bevor hier der Startschuss fällt, wird hier erst einmal gesungen und geschunkelt. Eine Tradition - ohne "Schneewalzer" geht kein Marathoni beim Rennsteiglauf auf die Strecke - eine einmalige Stimmung, die ihres gleichen sucht und mir nach Zottipralinen und Zörbinger Überrübe einen weiteren "Kulturschock" versetzt.

Mit dem Startschuss gehen dann mit mir noch ca. 3.000 Starter durch das große vier Meter breite Starttor auf ihren Weg von 43,5 km nach Schmiedefeld. Doch fangen wir von vorne an:

Nach meinem verpatzten Hamburgmarathon, eine Erkältung hatte mich ausgebremst, wollten wir das Training mitnehmen und am legendären Rennsteiglauf in Thüringen, gesprochen "Dhüringen", teilnehmen. Dieter, Klaus, Martin und ich sind schon am Vortag angereist, um die Startunterlagen zu holen, was nicht ganz klappte, da wir eine Autopanne hatten. Unsere Unterkunft, die Martin, der, wie sich herausstellte, ein echter Ostalgiker ist, in Entzücken versetzte, bezogen wir schon am Freitag. Klaus und Martin, die den Ultralauf
(73 km!!!), der in Eisenach startet, bewältigen wollten, müssen nämlich schon um zwei aufstehen, um an den Starpunkt zu gelangen.

Nach überraschend guter Nacht weckt micht der Wecker; um halb sechs bin ich schon hellwach und voller Vorfreude auf den Marathon. Meine Freunde mussten schon um zwei raus, da ihr Bus zum Start schon um drei fährt. Wie fast immer beim Marathon habe ich mich für kurze Hosen und T-Shirt entschieden. Morgens ist es noch recht frisch und ich bin mit meiner Kleiderwahl eher ein Exot, aber im Laufe des Tages erweist sich die Wahl als goldrichtig. Bis 10 Minuten vor dem Start halte ich mich bei der Startnummernausgabe auf; da ist es deutlich wärmer als draußen. Dann noch mehrere Besuche im Dixiland. Meine Freunde sind zu diesem Zeitpunkt schon drei !!!!!!!! Stunden unterwegs, da ihr Start um sechs Uhr erfolgte.

Neun Uhr - Startschuss -- ein langer bunter Lindwurm von Läufern wälzt sich aus der Neuhaus heraus. Nach wenigen Kurven beginnt mit dem ersten kräftigen Anstieg der Weg zum bekannten Höhenwanderweg durch den Thüringer Wald, dem Rennsteig.

Auf den ersten Kilometern zieht sich das Feld schnell auseinander; dazu tragen auch die von Anfang an giftigen Anstiege bei. Dass es gleich derartig anspruchsvoll losgeht, überrascht mich als Nordlicht doch ein wenig. Nach wenigen Kilometern mündet die Strecke auf dem Höhenwanderweg, der mir die nächsten Stunden den Weg weisen soll. Von Anfang an wird mir klar, warum sich der Rennsteiglauf auch Europas größter Crosslauf genannt wird: Steine und Wurzeln sorgen an vielen Stellen dafür, dass das Laufen deutlich anspruchsvoller ist als bei Stadtmarathons. Dafür entschädigt aber eine grandios-schöne Landschaft. Wilde Natur, dichter Wald, alles in sattem Grün. Herrlich!. Ein Lauf zum Genießen, denn ich habe mir vorgenommen, die Sache langsam im Lauftreffschlappschritt angehen zu lassen und während des Laufens Fotos zu machen.

Bei Kilometer 10,63 ungefähr nach einer Stunde, erreiche ich die erste Verpflegungsstelle an der Wasser, Isotonische Getränke, Tee und Schleim, eine Pampe aus Wasser und Haferflocken, geboten werden. Klaus und Martin, die jetzt wohl schon 30 Kilometer hintersich haben, werden sich auf dem Ultralauf sicherlich davon ernähren - würg - , ich mache um das Zeug an den nächsten Verpflegungspunkten allerdings einen großen Bogen. Herzlich und freundlich bemühen sich die Helfer aus den örtlchen Vereinen um die Läufer. Ähnliches gilt auch für Rot-Kreuz-Helfer, Zuschauer und sogar im späteren Verlauf für die Autofahrer, die immer wieder warten müssen und trotzdem immer ein paar freundliche Worte der Anfeuerung bereithaben. Super!!


Frisch gestärkt geht es dann über einige An- und Abstiege berauf zum höchsten Punkt der Marathonstrecke, dem "Eselsberg" (Km 19 / 841 m) mit seinem Turm, ein Wahrzeichen des Rennsteiges. Hier ist eine Verpflegungsstelle eingerichtet und es erfolgt eine Zwischenzeitnahme. Ich lege hier erst einmal einen kleinen Foto- und Futterstopp ein. Ich bin jetzt ca. zwei Stunden unterwegs und fühle mich noch richtig gut, da ich bislang im "Lauftreffschritt" gelaufen bin.

Wie geht es wohl meinen Lauffreunden, die jetzt die Marathondistanz schon hinter sich gelassen haben?

Nach meiner üblichen Foto- und Esspause immer jeweils nach zehn Kilometern könnnen die nächsten dreiundzwanzig Kilometer können kommen.

Meinen nächsten Fotostopp lege ich bei 30 km ein. Frisch gestärkt kann nun der Anstieg über den Großen Burgberg (818 m) genommen werden. Es geht steil bergauf, wie die meisten Läufer, wandere ich den Berg hoch. Doch bis zur nächsten Getränkestelle am "Dreiherrenstein" (Km 34,3 / 810 m), in der nähe unserer Ferienwohnung in Stützerbach, ist es nicht mehr weit. Das Ziel ist nahe. Ephorie macht sich bei mir breit. Ich genieße das Runners-High, da Gefühl, das der eigene Körper nachgewiesenermaßen produziert.

Von da aus geht's leicht bergab nach Frauenwald. Bei km 40 mache ich wieder meinen obligatorischen Fotostopp. An der letzten Verpflegungsstelle kann, wer will, auch einen "Schluck" Schwarzbier bekommen, auf das Schwarzbier verzichte ich großzügig und mache mich auf die letzten Kilometer nach Schmiedefeld. Es läuft immer noch gut, da ich mir den Lauf gut eingeteilt habe. Ein letzter Anstieg zum Festplatz auf 711 m – der Härtetest für jeden Marathoni, denn beim normalen Marathon wäre man jetzt schon im Ziel. Auf dem letzten Kilometer gebe ich noch einmal richtig Gas, Laufen kann so schön sein. Nach einer halben Stadionrunde und bin ich im Ziel. Geschafft sind 43,5 Kilometer Rennsteiglauf-Marathon. Ich bin nach ca. 4:30 Minuten glücklich im Ziel.




Auf die Ultraläufer Martin und Klaus, die 73 Km!!!!! - Meine Hochachtung! - laufen, muss ich allerdings noch ca.vier Stunden warten.


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